Istanbul - 2 Tage am Bosporus

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Istanbul - 2 Tage am Bosporus
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Roadtrip der speziellen Sorte

wir grüßen aus Istanbul. Was bietet sich mehr an, als mal eben von Hamburg mit dem Auto nach Istanbul zu fahren. Spaß beiseite. Wir sind zu Weihnachten mit unserem Auto von Paphos, Zypern über die Türkei bis nach Hamburg gefahren, um die Feiertage mit der Familie zu verbringen. Im Anschluss ging es nach Spanien und Österreich. Jetzt heißt es das Auto wieder nach Zypern zu bringen. Da bietet sich ein Vater Sohn Roadtrip mit Stops in Prag, Budapest und Sofia an. Und in Istanbul haben wir direkt zwei Nächte eingeplant.

Reichen 2 Tage für Istanbul?

Der offizielle Istanbul Pass, der Zugang zu den Sehenswürdigkeiten ermöglicht, bietet 2,3,5 und 7 Tage an. Wir haben uns entschieden, den Pass nicht zu kaufen und uns stattdessen mit einem Uber und eigenem Plan loszuziehen. Den Plan haben wir via WhatsApp von unserem Freund Benny bekommen, der mit seiner Familie ein paar Tage in Istanbul gewesen ist und von einem einheimischen Freelancer eine super ausgearbeitete Tour bekommen hat. Und die Antwort ist einfach - 2 Tage reichen nicht aus. Zum Eintauchen ins Stadtfeeling und für die Top-Sehenswürdigkeiten reicht es.

Istanbul in 2 Tagen Familie auf Weltreise Hagia Sophia
Zentraler Ausgangspunkt von Vorteil in Istanbul

Für eine Stadt, die schon zu Zeiten der Römer existierte, und in der 17 Millionen Menschen wohnen, ist Verkehr ein generelles Thema. Enge Straßen und viele Verkehrsteilnehmer können auch kurze Distanzen zu längeren Reisen werden lassen. Wir sind im Sheraton Istanbul City untergekommen und der Weg zum Restaurant (Kaktüs Cihangir) wurde mit google maps Fußweg 1,9km angegeben. Eine Strecke, die wir normalerweise zu Fuß gehen. Dabei vergisst man schnell, dass Istanbuls Straßen ganz schön auf und ab gehen. Also ab ins Uber und statt 13 Minuten angekündigter Fahrtzeit, wurden es dann 25 Minuten.

Wohnen in der Nähe des Galatturms

Die Empfehlung von Benny uns im Bereich des Galatturms eine Unterkunft zu suchen war also schon mal goldrichtig. Zu unserem Zeitpunkt des Besuches war der Turm aufgrund von Restaurierungsarbeiten gesperrt und der erhabene Blick über das goldene Horn, war uns nicht möglich. Also direkt weiter, zu Fuß zur Hagia Sophia. Dem wohl mit Abstand bekanntesten Bauwerk Istanbuls.

Hagia Sophia -Istanbul's berühmtestes Gebäude

Die als römische Reichskirche gebaute Hagia Sophia entstand in Zeiten, als Istanbul nach Konstantinopel hieß. In der damaligen Zeit, 537 n Ch, war es ein architektonisches Meisterwerk, eine Kuppel mit 33 m Spannweite zu konstruieren. Die Römer konnten sich auf kein Vorbild verlassen und haben ein Bauwerk geschaffen, dass weltweit seinesgleichen sucht. Seit 2020 wird sie als Moschee genutzt. Im Internet haben wir die Information gefunden, dass ab Januar 2024 ein Eintrittsgeld verlangt wird. Das können wir im März 2024 nicht bestätigen. Am Eingang stand explizit: "No Entry fee".

Die Zisterne des Kaisers - die versunkene Stadt

Nur wenige Minuten von der Hagia Sophia entfernt, befindet sich versteckt im Untergrund ein weiteres Meisterwerk der römischen Baukunst. Kaiser Justinian I ließ hier im 4. Jahrhundert einen Wasserspeicher für den kaiserlichen Haushalt errichten. Die beeindruckende Kulisse lockte 1963 Sean Connery als James Bond in „Liebesgrüße aus Moskau“ an. Viele weitere Filme wurden hier gedreht und in den heißen Sommermonaten ist die unterirdisch gelegene Zisterne ein schöner Ort zum Abkühlen. (Eintritt 600 TRL / 17€, Wartezeit 15 Minuten ohne vorher gebuchtes Ticket). Die wechselnden Lichter tauchen die Zisterne in immer neue Kulissen. Es lohnt sich, sich nicht mit den Menschenmengen durchschieben zu lassen, sondern am Rande zu pausieren und die Kunst der damaligen Zeit zu genießen.

Topkapi Palast - bester Blick über den Bosporus

Die Palastanlage des osmanischen Sultans erstreckt sich über 69 Hektar und ist eine Stadt in der Stadt. Ebenfalls fußläufig von der Hagia Sophia und der Zisterne, liegt neben dem archäologischen Museum der Eingang zur Palastanlage. Alle Attraktionen sind in Istanbul bestens ausgeschildert. Für 1.500 TRL Eintritt (43€) bestaunen wir die edelsten Baumaterialien, Fußabdrücke des Propheten und bekommen einen Einblick in das Leben eines Sultans. Die Unterkünfte des Harems, moderne Bäder, clevere Wassersysteme, Gold, Gold und noch mehr Gold und auf der Terrasse der wohl mit Abstand schönste Blick auf den Bosporus. Alles herrschaftlich angelegt in einem Parkgelände mit viel Schatten.

Der Vibe von Istanbul

Wenn man nicht ausreichend Zeit hat, um alle Sehenswürdigkeiten einer Stadt zu besichtigen, dann lieben wir es einfach in das Stadtleben einzutauchen. Durch die Straßen  ziehen, auch in eine kleine Nebenstraße einbiegen und abseits der Touristenpfade zu stöbern. In einem Café sitzen zu bleiben und die Menschen beobachten. Also – die Locals, nicht die Touristen.

Es sind die Details, die einem einen Einblick geben, wie das Leben hier so sein kann. Morgens auf dem Weg zum Besorgen einer Touristen-SIM-Karte, streife ich durch ein Viertel, das Touristen normalerweise nicht sehen. Die Kopfsteinpflasterstraßen sind steil, zwei ältere Arbeiter reparieren an ihrem kleinen Balkon-Vordach das Plastik. Arbeitssicherheit fehl am Platz. Der ältere Herr hängt gefährlich über der Brüstung des Balkons, während unten auf der Straße jemand versucht, ein scharfkantiges Plastikteil aufzufangen.

Nebenbei qualmt die Zigarette im Mund.

Wenige Schritte weiter bewegt sich eine ältere Frau unter den Lasten ihrer Einkaufstüten mühsam die enge Straße  bergauf. Mit ihren Händen stützt sie sich auf die parkenden Autos. Ihre Schuhe sind kaputt und mit dem Blick eines Mannes, dessen Frau Physiotherapeutin ist, kann ich mit Sicherheit sagen, dass ihr Fußstellung alles anders als gesund aussieht. Der Gedanke führt mich schnell dahin, wie hier wohl das Gesundheitssystem aufgebaut ist.

Zwischendurch immer wieder kaputte und verwahrloste  Häuser. Wen mögen die wohl gehören? In Hamburg oder London wären die ein Vermögen wert. Beste Innenstadtlage. Warum hier nicht. Denke ich schon wieder zu Deutsch? Muss alles optimiert werden? Darf nicht auch mal etwas kaputt sein?

Kaum bin ich im Laden für die SIM-Karte angekommen, sitzt hinter dem Tresen ein Sechzehnjähriger. Auf die Frage, ob er gar keine Schule hat, antwortet er: "Damit bin ich fertig!". Er grinst und seine Zähne zeigen ein ähnliches Bild, wie die Füße der alten Frau.

Geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander?

Im Kontrast sehen wir Nobel-Karossen, edel gekleidete Menschen und viel Gastfreundschaft. Jeder lächelt und ist hilfsbereit. Wir fühlen uns sicher und erkunden die Stadt. Die Preise sind dank der schwachen türkischen Lira ein Traum. Ein Eis (Magnum) und eine Stange Mentos im Zentrum der Stadt gibt es für umgerechnet €1,70.

Das Chaos mit System

Julien sagt, es sei wuselig. Was er meint: zu wenig deutsches System mit klaren Regeln. Ich finde, im Chaos gibt es ein System. Es scheint ungeschriebene Gesetze zu geben, die das Miteinander regeln. Zwei Szenen zum Beispiel. Wir beobachten, wie alten Menschen geholfen wird. Junge Menschen stehen in der Straßenbahn auf, um die Sitzplätze für die älteren der Gesellschaft freizumachen.

Im Straßenverkehr gilt auch mal, jemanden aus der Seitenstraße hereinlassen, dann kommen alle vorwärts, statt auf der eigenen Vorfahrt zu beharren. Vieles fügt sich wie von Geisterhand. Das scheinen dann die klassischen Kulturunterschiede zu sein. Es muss ja nicht immer alles nach Deutschen Maßstab funktionieren. Toleranz ist vielleicht einer der Schlüssel, um in fremden Orten sich schnell wohlzufühlen. Die innere Einstellung entscheidet, ob wir das erlebte positiv oder negativ abspeichern.

Fazit - Istanbul in 2 Tagen

Istanbul an zwei Tagen ist nicht machbar. Für 3-4 der wichtigsten Sehenswürdigkeiten reicht es dennoch.  Den Istanbul Pass für 150 € würden wir nicht empfehlen. Wenn nur zwei Tage Zeit hat, sollte mehr Zeit verwenden, um den Puls der Stadt zu fühlen. Die unzähligen kulinarischen Angebote, die Möglichkeit mit einem Boot über die Meerenge zu fahren, die enormen Shopping-Angebote zu nutzen und viele weitere Sehenswürdigkeiten abzuklappern benötigt mehr als 2 ganze Tage.