Wir haben einen Hang dazu, Neues auszuprobieren. Wir lieben Abenteuer und fahren gerne Auto. Das waren tagelange Reisen durch Australien, wochenlange Camperreisen durch Namibia oder Zigtausende Kilometer mit dem Wohnmobil quer durch Europa. Selbst Rallyes über den Balkan oder einmal um die Ostsee verbuchen wir in der Kategorie Spaß. Warum sollten dann nicht auch 3.600 km von Paphos nach Hamburg möglich sein, um mit der Familie zum Heiligabend zusammen zu feiern? Also los geht's.
Ob der Plan aufgeht?
Die Kinder werden erstmals alleine fliegen. Julien ist bereits 16 und gemeinsam mit seinen Geschwistern geht es am 16.12. via München nach Hamburg. Dort warten Oma und Opa und holen die Kinder ab. Sie fliegen nur mit Handgepäck, der Rest kommt zu uns ins Auto. Wir haben im Vorwege recherchiert, welche Fähre wir nehmen müssen von Nordzypern.
Im Sommer (von Mai bis September) gibt es eine Fährverbindung von Limassol nach Piraeus (Athen). Der Vorteil dieser Verbindung ist, dass man die EU nicht verlässt und mit seinem Haustier von und nach Zypern gelangt. Doch Weihnachten liegt nun mal im Dezember und durch unsere Weiterreise im Januar und Februar nach Spanien und den geplanten Skiurlaub im März in Österreich, lohnt es sich für uns für diese Reise das eigene Auto mit aufs europäische Festland zu nehmen.
Vorbereitung für den Trip
Um mit dem Hund aus der Türkei in die EU einreisen zu dürfen, benötigen wir einen Bluttest. Dieser weist nach, dass der Hund Tollwut-Antikörper im Blut hat. Zum Glück haben wir uns rechtzeitig darum bemüht. Die Blutprobe wird von den Tierärzten in Paphos wahlweise nach Deutschland oder UK gesendet. Das Ergebnis kam 3 Tage vor Abreise per E-Mail aus dem deutschen Labor. 4 Wochen sollten eingeplant werden!
Bluttest, Versicherung und Ölstand
Die grüne Versicherungskarte für den Kfz-Versicherungsschutz ging dahingegen deutlich schneller. Nach 3 Tagen hatten wir auch diese digital erhalten. Ein Ausdruck war hilfreich. Wir mussten ihn an allen Grenzkontrollen vorzeigen. Bei einer 3.600km Reise empfiehlt es sich natürlich auch im Vorwege das Auto zu checken, von Ölstand bis Reifendruck gehört alles dazu.
Ein Punkt konnten wir nicht vorher klären. Ist es erlaubt einen Hund mitzunehmen. Im Internet haben wir eindeutig gefunden, dass es nicht möglich ist einen Hund aus dem Norden Zyperns in den Süden mitzunehmen. Darüber gibt es sogar eine Komödie (Smuggling Hendrix), wie ein Hund aus dem Süden in den Norden entläuft und der Besitzer versucht ihn wieder in den Süden zu locken.
Einreise mit dem Hund nach Zypern
Aber wie sieht es aus, wenn man aus dem Süden in den Norden fährt und nicht wieder zurückmöchte, sondern mit der Fähre in die Türkei ausreist? Wir konnten es leider nicht genau herausfinden und haben beschlossen das Risiko und Abenteuer einzugehen. Im schlimmsten Fall hätten wir einen Flug buchen müssen.
You can't take a dog with you. It's forbidden"
Auf dem Weg von Paphos nach Nikosia zum Grenzübergang schläft unser Hund im Auto. Kein Ton gibt sie von sich. Erst als wir an der "Süd-Zypriotischen" Grenze das Fenster öffnen und unsere Papiere vorzeigen, die Papiere vom Hund hatten wir dabei, sind uns in dem Moment aber wohl aus den Händen gerutscht ;-), fängt unser Hund an zu bellen. Die Grenzbeamtin streng: "You can't take a dog with you. It's forbidden". Na super. Sie behält unsere Pässe bei sich und zwingt uns direkt nach dem Grenzhäuschen zu drehen. Bevor wir also einreisen konnten nach Nordzypern, waren wir bereits gescheitert. Einmal gewendet, wurden uns die Pässe wieder ausgehändigt. Eine kurze Rückfrage beim Grenzkollegen ergab, dass wir uns beim Zoll melden sollen und da nachfragen. Der zypriotische Zoll war genau 100 Meter weiter und die gute Frau in ihrem Häuschen hatte gerade Mittagszeit und ihr Smartphone in der Hand. Offensichtlich hatte sie keine Lust und Ambition, zu helfen.
Wir versuchen es einfach ein zweites Mal
Wir drehten erneut um, reihten uns absichtlich bei derselben Warteschlange ein und erzählten der Grenzerin ganz frech, dass ihr Kollegin vom Zoll es als problemlos befand, weil wir ja mit dem Hund nicht denselben Weg wieder zurückkommen, sondern mit der Fähre in die Türkei ausreisen.
Wir haben sie offensichtlich überrumpelt und in ihrer Unwissenheit erwischt. Sie schaute verdutzt zu ihrem Vorgesetzten hinüber, der im Häuschen schräg gegenüber gerade mit seinem Smartphone und Pausenbrot zu seiner Mittagspause verschwinden wollte. Katrin spielte ihrem weiblichen Charme aus, bis er schließlich sagte: "On your own risk!". Wir bekamen die Pässe und durften weiter.
Bei der Einreise in den Norden wollten wir dann verhindern, dass unser Hund sich beim Gespräch mit dem Grenzer wieder lautstark zu Wort meldet. Ein lauter Radiosender mit Gebetsmusik hat geholfen. Die Einreise verlief problemlos. Zumindest dachten wir dies, als wir einen Tag vor der geplanten Fährabfahrt endlich in Nordzypern erfolgreich eingereist waren.
Ein Zolldokument wird zum Hindernis
Nur wenige Abfahrten der Fähre von Girne (Kyrenia) nach Mersin sind Tagesfahrten. Die meisten sind Nachtfahrten. Diese wollten wir unbedingt verhindern, weil die buchbaren Kabinen keine Hunde und Katzen erlauben. Nur zwei Tage nachdem die Kinder nach Deutschland geflogen sind, sollte unsere Fähre gehen. Wir genossen noch den Tag in Girne, gingen ausgiebig spazieren, damit der Hund ausgepowert ist und fuhren zum Hafen.
Nervenzusammenbruch beim Check-In.
Es war noch 90 Minuten bis zur geplanten Abfahrt der Fähre, als wir beim Check-In erfuhren, dass uns ein Zolldokument C104 fürs Auto fehlte. Ein Transitdokument, dass wir bei der Einreise am Vortag uns am Zollhäuschen abholen müssen. Selbst die Zollbehörde im Hafen hatte keine Chance dieses Dokument auf "dem kurzen Dienstweg" zu besorgen. Es half nur, mit dem Auto auszureisen und wieder einzureisen. Im Stadtverkehr von Girne ein nahezu unlösbares Problem. Jede rote Ampel, die festen Blitzer und langsam fahrende LKW's ließen die Emotionen im Auto überkochen. Wären wir mal eher in den Hafen gefahren. Hätten wir uns mal besser informiert.
Wir wussten, dass der Hund nicht wieder ausreisen durfte, als wurden Katrin und der Hund 1km vor der Grenze in einem Cafe abgesetzt. Im Stau ging es über die Grenze, kurz umdrehen und wieder rein. Stoppen am Zoll. Alle Dokumente vorlegen und ausgerechnet den Beamten erwischen, der mit seiner Brille auf der Nase und seinem Ein-Finger-Suchsystem die Buchstaben auf der Tastatur suchte. Ich war kurz davor selbst mich an den PC zu setzen und alles einzugeben. Aber das ist dann eben Murphys Law vom Feinsten. Wenn es nicht sein soll, dann eben so richtig.
Kaum hielt ich das Dokument in den Händen, holte ich Katrin und den Hund ab. Wieder ging es im Stadtverkehr in den Hafen, um dann von der unfreundlichen Frau zu erfahren, dass der Check-In Prozess geschlossen hat. Selbst die hilfsbereiten Beamten vom Zoll im Gebäude nebenan versuchten alle Hebel in Gang zu setzen, als ihnen klar wurde, dass dies für uns bedeutete nicht mit den Kindern zusammen Heiligabend feiern zu können. Mr. Ghöktan rief sogar den Kapitän auf seinem Handy an. Keine Chance. Der Prozess war im System abgeschlossen und wir durften nicht mit, obwohl die Fähre noch zwei Stunden im Hafen stand.
Durch ein aufziehendes Sturmtief war es die letzte Fähre. Die nächste ging es zwei Tage später als Nachtfähre.
Diesmal waren wir die ersten im Hafen, um sicherzugehen, dass nichts an Dokumenten fehlte. Alles klappte und wir durften um 21 Uhr in den Hafen fahren. Bevor wir als vorletztes Auto auf die Fähre durften, vergingen weitere 3 Stunden. Wer jemals dem Beladen einer Fähre von Deutschland nach Skandinavien zugeschaut hat (wir haben 4 Jahre in Norwegen gewohnt und sind regelmäßig Fähre gefahren), der staunt, mit welchem Chaos eine Fähre gleichzeitig Entladen und Beladen werden kann. Die Einfahrt zur Fähre ist schmal und es kann nur ein LKW zurzeit einfahren. Unser Auto war mit seinen Abmessungen fürs Unterdeck zu groß. Die Fähre wurde zu einer Zeit gebaut, als die Autos deutlich kleiner waren. Die Nacht verbrachte der Hund im Kofferraum des Autos und wir sitzend zwischen Truckerfahrern und betrunken Türken, die von der Türkei aus nach Nordzypern reisen, weil dort Glücksspiel, Alkohol und andere Reize anders gehandhabt werden. Wohl wissend, dass uns eine lange Autofahrt bevorstand, legten wir uns schließlich auf den Fußboden, um uns ausstrecken zu können. Kein erholsamer Schlaf, aber immerhin ein paar Stunden die Augen zu.
Die letzten werden die ersten sein
Kaum kamen wir in Mersin in der Türkei an, konnten wir als eines der ersten Autos die Fähre verlassen. Auto parken. Aussteigen. Reisepässe vorzeigen und im Anschluss zum Zoll. Hier bekam ich als Fahrzeughalter einen Stempel in den Reisepass, dass wir im Transit durch die Türkei sind. Der ganze Prozess dauerte keine 10 Minuten und wir durften endlich in Richtung Hamburg fahren.
Traumhafte Autobahnen
Via Ankara und Istanbul ging es in Richtung EU Grenze nach Bulgarien. Am Grenzübergang von Edirne war einen Abend vor Heiligabend nicht viel los. Die Wartezeiten waren mit 20 Minuten total erträglich. Den Bluttest vom Hund legten wir ab jetzt immer in den Tierpass mit rein. Interessiert hat es niemanden wirklich. Auch an den nächsten beiden EU Grenzen von Bulgarien nach Serbien und von Serbien nach Ungarn kamen wir problemlos durch. Während die Autobahnmaut in der Türkei und Serbien direkt an den Mautstellen mit einer Kreditkarte bezahlt werden kann, haben wir uns für Bulgarien, Ungarn, Slowakei und Tschechien die Vignette online vorab besorgt. Die Autobahnen sind richtig gut ausgebaut und führen über den direktesten Weg durch die Länder des Balkans. Wären wir nicht unter Zeitdruck, würden wir kulturelle Stopps entlang der Route einplanen.
Kein Heiligabend mit den Kindern
Für einen gemeinsamen Heiligabend mit den Kindern reichte es leider nicht. Trotz ständigem Fahrerwechsel und nur kurzen Tankpausen kamen wir erst in der Nacht von Heiligabend auf den ersten Weihnachtsfeiertag an. Eine Kerze aus dem Supermarkt brachte uns ein wenig weihnachtliche Stimmung ins Auto. Den ganzen Weg über fieberten tausende Menschen bei Social Media mit. Die Hilfsangebote waren sensationell. Von Kaffee und Kuchen bis hin zu "ihr könnt bei uns Heiligabend mitfeiern", war alles dabei. Uns wurde sogar angeboten, dass ein Fernfahrer im Ruhestand unser Auto nach Hamburg bringt, während Katrin und ich mit dem Flugzeug fliegen. Das scheiterte am Ende daran, dass wir so schnell keine beglaubigten Vollmachten für den "neuen" Fahrer des Autos bekommen hätten. Alles in allem sind wir müde, sicher und dankbar in Hamburg angekommen. Die Geschenke haben wir einen Tag später ausgepackt und ein Abenteuer hatten wir mehr im Rucksack unseres Lebens.